Wertschöpfung im Affiliate Marketing

Remo Uherek

Ayom Gründer
Diese Notizen wollte ich ursprünglich in mehrere Artikel verarbeiten. Da ich dies nun schon seit einem Jahr vor mir her schiebe, möchte ich die Notizen in der ursprünglichen zusammenhanglosen, stichwortartigen Form veröffentlichen.

Extract #3: Wertschöpfung im Affiliate Marketing

- Determinanten der Wertschöpfung: Marke, erfolgsabhängige Bezahlung, Technologie, Information, kontextabhängige Werbung, Endkunden-Beziehung, Netzwerk-Effekt.

Marke:
- Die Marketer erhalten kostenloses Branding, da Impressions nicht als „Performance“ gewertet werden.
- Diverse Studien haben gezeigt, dass User sehr wohl Werbung beachten, jedoch nur selten klicken. Um als Marketer auf grossen Portalen wie MSN Erwähnung zu finden, müssen deutlich höhere Provisionen gezahlt werden (z.B. eine hohe Klick-Gebühr oder TKP kombiniert mit erfolgfolgsbasierter Bezahlung).
- Es gibt aber auch einen Marken-Effekt auf Affiliate-Seite. Arbeitet ein Affiliate mit grossen und bekannten Marketers zusammen, so kann sich dies im Gegenzug auch sehr positiv auf den Affiliate auswirken (ein grosser Vorteil für Affiliates).
- Aber „being associated with an unethical partner can harm a firm’s brand and have a significantly negative value (Lindstrom, 2001).
- Ein Problem des Affiliate Marketing ist, dass Marketers die Kontrolle über das Branding verlieren (Markenverwässerung).

Erfolgsabhängige Bezahlung:
- Ein sehr grosser Vorteil von Affiliate Marketing für die Marketer ist, dass sie nur dafür bezahlen, was sie auch erhalten. Affiliate Marketing ist demnach sehr gut kalkulierbar.
- Für Affiliates stellt dies ein Risiko dar. Affiliates können deshalb nie nur Affiliate Marketing verwenden, da die Verdienste unsicher sind. Affiliate Marketing ist für Affiliates demnach eine Restplatzvermarktung oder aber die kontextabhängige Integration von Werbung (Textlinks etc.)
- Vor allem bei professionellen Affiliates ist dies ein Problem, da diese abhängig sind von einem regelmässigen Einkommen. Viele Affiliates wählen deshalb auch oft Klick-basierte Partnerprogramme, da hier das Verdienstrisiko am geringsten ist.
- Erfolgsabhängige Zahlung ist aber aus Motivationsgesichtspunkten sehr wichtig. Nur wenn sich die Affiliates Mühe geben müssen (sonst verdienen sie nichts), können die Marketers sicher sein, dass ihre Botschaft effektiv und effizient verbreitet wird. Theoretischer Hintergrund ist das Principal-Agent-Problem. Erfolgsabhängigkeit ist eine sehr effektive Lösung des Problems. Es geht um die Sicherstellung der Win/Win-Situation.
- Erfolgsabhängigkeit intensiviert die Beziehung zwischen Affiliate und Marketer.
- Bei TKP-Werbeschaltungen haben die Publisher wenig Anreize, die Message zu optimieren. Dies ist auch einer der Gründe, warum TKP-Werbeschaltungen so ineffizient und ineffektiv sind.

Technologie:
- Tracking-Technologie ist ein wesentlicher Faktor von Affiliate Marketing. Ohne sauberes Tracking wäre Affiliate Marketing nicht möglich.
- Die connectivity des Internets macht es sehr günstig, Nachrichten zu publizieren und zu verbreiten.
- 89% der Buchkäufer sind Spontankäufer und kaufen im ersten Shop, den sie besuchen (Baker et al, 2001).
- Der grösste Vorteil des Internets ist die Skalierbarkeit. Im Internet sind positive Skalenerträge möglich, d.h. bei Ver-x-fachung aller Inputfaktoren kann mehr produziert werden als bei einer Ver-x-fachung der aktuellen Produktion.
- „Information typically has a high fixed cost of production, but a very low cost of reproduction“ (Varian 1998)
- Hohe Standardisierung ist gegeben, da alle Beteiligten zur Kommunikation das Internet benutzen.

Information:
- Viele kleine Webseitenbetreiber sind unprofessionell und haben grosse Informations-Defizite, um erfolgreich Werbebotschaften kommunizieren zu können.
- Eine hohe Traffic-Qualität beim Affiliate Marketing ist nicht gewährleistet; bei TKP-Werbeschaltungen nach Meinung der grossen Vermarkter jedoch generell schon (da nur auf sehr grossen Portalen Werbung geschaltet wird).
- Die grossen Vermarktungs-Agenturen haben einen grossen Einfluss auf das Affiliate-Marketing, da sie viele Big-Player im Portfolio haben und deren Meinung über Affiliate Marketing beeinflussen können. Die Einstellung der grossen Agenturen zum Affiliate Marketing wird in Zukunft kritisch sein für den weiteren Erfolg des Affiliate Marketings.
- Es geht darum, dass der Informationsfluss zwischen Affiliate, Marketer und Affiliate-Netzwerk gewährleistet wird. Know-How ist genug vorhanden, jedoch hapert es an der Verteilung! Hier gibt es für das Affiliate Marketing noch viel zu tun.

Kontextabhängige Werbung:
- Laut Forrester Research (1999) betragen die Click-Through-Rates für kontextabhängige Werbung 4% und für normale Bannerwerbung 0.5%.
- Ein kritischer Erfolgsfaktor des Affiliate Marketings ist es also, die Werbebotschaften geschickt und vor allem kontextabhängig zu gestalten und zu platzieren.
- Bücher sind das Paradebeispiel: Zu praktisch jedem Thema gibt es Fachliteratur, also macht es Sinn, ein paar Buchempfehlungen anzubringen (ein Grund, warum Amazon und Co. so erfolgreich sind).
- Es ist nicht die Traffic-Quantität die im Affiliate Marketing zählt, sondern die Traffic-Qualität. Mit wenigen, aber sehr spezifischen Besuchern kann man u.U. mehr verkaufen als mit vielen nicht spezifischen.
- Die ethische Komponente ist sehr wichtig. Es geht vor allem darum, dass Werbung und Inhalte strikte getrennt sind (wie im TV oder in Printmedien).
- Die Besucher müssen verstehen, dass Affiliates von kommerziellen Interessen geleitet sind.
- Werden Werbung und Inhalte vermischt, kann dies dazu führen, dass der Affiliate Glaubwürdigkeit verliert.
- Die Grenzen sind sich aber bereits am vermischen (vgl. product placement in Filmen).
- „Affiliates realise there is a fine line between serving visitors relevant marketing messages at the right time and ‚selling out’ their credibility“.

Endkunden-Beziehung:
- Das Marktpotential muss genügend gross sein, damit sich die Investitionen von Affiliate und Marketer in das Affiliate Marketing überhaupt bezahlt machen können. Eine Marktanalyse ist also unabdingbar (das ist mitunter der Grund, warum viele Partnerprogramme nicht erfolgreich sind; einfach weil der Markt zu klein ist).
- Es ist sehr schwierig, Online-Usern persönliche Daten zu entlocken.
- Auch zeigen sich die Online-User sehr resistent gegen Online-Werbung (auch wenn sie sie beachten, reagieren sie selten).
- Der Erfolg des Affiliate Marketing ist positiv korreliert mit dem Erfolg des Internets (und somit „prozylisch“).
- Affiliate-Marketing ist ein Neukunden-Geschäft. Es geht darum, Neukunden zu gewinnen und möglichst lange zu binden. Es kann also durchaus Sinn machen, bei der ersten Transaktion Verlust zu machen (sprich eine Investition in den Neukunden zu tätigen). Amazon.com verdient z.B. 120$ pro Kunden pro Jahr, d.h. Amazon war bereit, bis zu 15% Provision für den Neukunden zu zahlen, auch wenn dies möglicherweise ein Verlustgeschäft war. Marketers sollten nicht zu knauserig sein bei der Festlegung der Provisionen. Ohne attraktive Provisionen gibt es keine Affiliates und ohne Affiliates keine Neukunden.
- „Much research shows that affiliate marketing is the most effective method of acquiring a new customer online” (Forrester Reasearch, 1999).
- Aquisitionskosten (in EUR) für Neukunden: Radio 1457, Print 958, PR 82, E-mail 24, Online Ads 21, Affiliate Marketing 9 (Azeez, 2001)
- Umsatz (in EUR) pro investierten Euro: Radio 0.07, Print 0.10, PR 1.16, E-mail 2.54, Online Ads 4.61, Affiliate Marketing 7.15.
- Ein Problem ist, wem der Kunde “gehört”. Sowohl der Affiliate als auch der Marketer haben teilweise „Anspruch“ an den gewonnenen Neukunden.
- Vielfach werden Affiliates von Kunden für Produkte verantwortlich gemacht und nicht die Marketers. Nicht selten reklamieren Kunden direkt beim Affiliate.
- Marketers sind aber immer noch der Meinung, Neukunden gehören nur ihnen. Oft wird die Leistung des Affiliates abgewertet bzw. unterschätzt.
- Affiliates werden von Marketers oft nur als „Mittel zum Zweck“ betrachtet, zum Verbreiten von Werbebotschaften.
- Der Hintergrund dieser Problematik ist die Verteilung des Verdienstes aller weiterer Umsätze, die dieser Neukunde verursacht. Ein möglicher Ansatz wären „Life-time Provisionen“, bei dem der Affiliate bei jeder Aktion des generierten Neukunden eine wiederkehrende Provision erhält. Dieser Ansatz hat sich aber noch nicht auf breiter Ebene durchgesetzt, ist aber durchaus ein Erfolgsfaktor zur Etablierung eines neuen Partnerprogramms.
- Ein weiterer Ansatz wäre, den „Transaktionsprozess“ direkt in die Affiliate-Website zu integrieren, sodass der Kunde den Affiliate nicht verlassen muss, um die Transaktion durchzuführen. Dies kann mit Micro-Sites oder Co-Branding (evtl. sogar white-label) erreicht werden.
- „Most likely the co-branded option will become typical in the future, particularly among larger affiliates with more bargaining power” (Forrester Research, 1999). Genau diese Tendenz ist jetzt schon langsam zu beobachten, z.B. mit den Amazon Webservices, mit dessen Hilfe die gesamte Amazon-Seite auf der eigenen Website „co-branded“ werden kann.

Netzwerk-Effekt:
- Der grösste Vorteil eines Partner-Netzwerks ist die Möglichkeit für neue Partnerprogramme, schon kurz nach dem Start ohne grossen Aufwand hunderte Partner gewonnen zu haben.
- „The large affiliate marketing brokers have literally hundreds of thousands or even millions of affiliates in their network“ (Helmstetter and Metivier, 2000).
- In der Literatur wird seit Kurzem die Tendenz kritisiert, als Marketer einfach so viele Affiliates wie nur möglich bekommen zu wollen (z.B. Bruner et al., 2001).
- Zu viele unfokussierte Affiliates können aber negative Effekte auf die Marke des Marketers haben (Verwässerung der Marke etc.). Deshalb lehnen manche B2B-Marketer auch bis zu 90% der Affiliate-Bewerbungen ab, einfach weil die Affiliates nicht in die Marketing-Strategie hineinpassen.
- Marketers haben gewöhnlich keinen Grund, eine aktive Beziehung zu einem Affiliate zu beenden. Da die Ausgaben aber erfolgsbasiert sind, kann dies trotzdem passieren (Kürzung des Marketing-Budgets etc.). Dies ist ein Risiko für Affiliates, da von heute auf morgen der Verdienst-Strom abreissen kann.
- Somit kann die vertragliche Unabhängigkeit und Flexibilität für beide Seiten auch durchaus gravierende negative Konsequenzen haben. Teilnehmer an Affiliate Marketing sind also gut beraten, ihr Risiko zu streuen.
- Grundsätzlich sind Marketers aber im Vorteil, weil es einfach viel mehr Affiliates gibt als Marketers. Marketers können sicher sein, praktisch immer eine genügend grosse Anzahl an Affiliates zu haben. Passende Marketers für gewisse Affiliates sind aber möglicherweise rar gesät.
- „Research suggests that marketers should vary their payment structure for affiliates, in order to keep the best performing affiliates loyal” (Jupiter Communications, 1998b). Eine Unterteilung in Kategorien (z.B. Gold, Silver und Bronze) ist ja schon aus ähnlichen Verkaufsstrukturen in der Offline-Welt bekannt.
- 15% der Affiliates erzielen 80% der Umsätze (vgl. Paretos 80/20er-Regel).

- „Although affiliates would like a payment for branding, marketers have the power to reject paying them for it“. Es wird Zeit, dass die Super Affiliates eine neue Ära einläuten ;-).
- Affiliate-Marketing ist aber grundsätzlich ein Neukunden-Geschäft und eher ungeeignet für Marken-Bildung.
- „In the future, joint ownership of customers will probably become more common.“ Lifetime Provisionen etc.

Quelle: Buch "Strategic Affiliate Marketing"

Weitere Extracts dieser Serie:
Extract #1
Extract #2
Extract #4
Extract #5
Extract #6

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Gruss, Remo
 
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