QUOTE (Tuemmel @ Sa 15.12.2007, 14:43)Mich würde interessieren, wie Du zu der Annahme kommst, kleine Firmen würden vermehrt IT einsetzen wollen. Gibt es da Zahlen aus Umfragen oder irgendwelche Statistiken ?
Davon träumt die IT-Branche doch bereits seit mehr als 15 Jahren.
Das ist die Erfahrung der letzten knapp zwei Jahre, seitdem server-daten jetzt läuft (einsetzbar etwa seit März 2006). Am Anfang war das natürlich zögerlich, dann sind aber neue Features und öffentlich sichtbare Kundenprojekte dazugekommen. Inzwischen kommt das relativ heftig in Gang.
Beispiele (fiktiv zusammengesetzt aus mehreren Kunden):
(1) Jemand ruft an, sie würden eine Software für ... suchen, hätten sich in den letzten Monaten durch etwa 20 Programme durchgekämpft. Die seien alle viel zu groß, viel zu unübersichtlich, ob ich nicht etwas einfacheres hätte, das nur das enthält, was sie bräuchten, nichts sonst. Das müsse von 'computerfeindlichen Laien' nutzbar sein.
(2) Anruf von jemandem, er skizziert, was er in etwa braucht, bekommt KV, wenige Tage später Auftrag, das Projekt wird schrittweise entwickelt (Kunde hat ja noch seinen Hauptjob, ich noch andere Anfragen), um einiges erweitert, ist nach 2.5 Monaten im wesentlichen einsatzfähig. Gegen Mitte / Ende der Fertigstellung erfahre ich: Eine Agentur wollte das Fünffache, hätte ein Jahr Zeit veranschlagt, soviel Kapital kann und will der Kunde nicht aufbringen.
Das Problem ist relativ simpel und gilt auch für meine früheren Programmiertätigkeiten (deshalb habe ich mich von dieser Art der Entwicklung verabschiedet):
- Entweder man entwickelt etwas individuell - dann kommt man auf horrende Preise, braucht lange und fängt bei jedem Kunden von vorne an. Das ist im Prinzip die obige Agenturlösung.
- Meistens ausgehend von einem Kundenauftrag entwickeln zwei oder drei Leute eine Software, bauen diese aus (je mehr Features, umso mehr potentielle Kunden), versuchen, die zu vertreiben, 'Marktführer dieser Branchenlösung' zu werden. Dann passiert das, was der oben zitierte Kunde erfahren hat: Eine Firma braucht bloß 25% der vorgefertigten Module - und sie brauchen weitere 5%, die aber da nicht drin ist, auch die Hoffnung auf eine zeitnahe Erweiterung ist aussichtslos. Es gibt reihenweise Branchenlösungen, bei denen sich ratlose Vertriebsmitarbeiter an einer Stelle melden (ich verkneife mir, mitzuteilen, wo - hier nicht) und fragen, warum ihr doch so tolles Produkt fast nicht verkäuflich / vertreibbar sei. Beim Lesen hatte ich immer den Eindruck, daß da reihenweise Firmen kurz vor dem Aufgeben stehen (neuer Vertriebsmitarbeiter wird eingestellt, muß in einem halben Jahr massiv Wachstum bringen ... sonst).
- Die 'dritte Lösung' besteht darin, so ein baukastenartiges System zu verwenden, das fast bloß noch konfiguriert wird (einschließlich Kalender, Umkreissuche u.ä.). Das setzt allerdings eine entsprechend komplexe Hintergrundlogik voraus: Bei server-daten Xml/Xsl, so daß auch ich für Kunden nichts mehr programmiere, sondern bloß noch konfiguriere.
Sprich: Die IT-Branche bietet für solche kleine Firmen einfach nichts an. Benötigte Merkmale sind:
- Preislicher Rahmen: 1000 - 5000 Euro
- Angepaßt an genau das, was die Firma braucht, also passende Tabellen, Spalten - nicht zuviel Unnützes.
- Keine 'programmierverliebten Features' - siehe dieses Beispiel. Die Nutzer wollen möglichst wenig Zeit mit dem Programm verbringen, nicht möglichst viel. Sie haben ihr eigenes Kerngeschäft, das nix mit Computern zu tun hat. Die Bezeichnung 'computerfeindliche Laien' paßt da, ist zwar von Programmierern nur schwer zu schlucken, das müssen sie aber schlucken.
- Erweiterbar: Ein Kunde muß mit 500 - 1000 Euro einsteigen können - um sich nach einem Jahr für 500 oder auch 1.500 Euro etwas dazubauen lassen zu können. Natürlich bei laufendem Betrieb.
- Erweiterbarkeit des Hintergrundsystems: Wenn ein Interessent nach etwas fragt und man sagt: 'In drei Jahren', dann fragt der Interessent woanders oder verzichtet resigniert: Die IT bietet meiner kleinen Firma nichts außer unrealistisch teuren Dingen. Sprich: Das Hintergrundsystem muß in einer akzeptablen Zeit um neue grundlegende Features erweiterbar sein, die dann im Prinzip allen Kunden zur Verfügung stehen.
Zu Excel/Access: Beides sind Clientsysteme, damit für Einzelnutzer ok. Clientsysteme haben allerdings prinzipielle Schwächen gegenüber serverbasierten Systemen - siehe
Architektur-Probleme bei Datenbank-Systemen mit Vielfach- und Web-Zugriff.
Access speichert Daten zeilenweise und nutzt db-typische Werkzeuge (Indices). Excel speichert Daten zellweise, zusätzlich kann pro Zelle der Datentyp, Formatierung, Hintergrund usw. gespeichert werden - das produziert einen heftigen Overhead. Für Einzelbenutzer ok - aber darüberhinaus wird es schwierig. Tuemmel: Stell dir vor, Du würdest 250 solcher Systeme parallel betreiben und weiterentwickeln.